Das erste Satz, das erste Wort, sind immer am Schwersten.
Ich will loslegen, doch ich weiß nicht so ganz wo. Und wie. Wie beginnt man einen Brief an jemanden, den man gar nicht kennt?
Ist es wirklich das, was mich gerade blockiert und verhindert, dass ich wirklich das erste Wort schreibe, oder ist es etwas tiefer dahinter stehendes?
Die Angst davor, etwas komplett Bescheuertes zu schreiben. Schlechtes Feedback zu bekommen. Doch nicht genug darüber nachgedacht zu haben, was ich eigentlich schreiben wollte.
Die Angst vor dem Scheitern? Gibt es dir wirklich? Oder ist es die Angst, erfolgreich zu sein? Etwas verdammt Gutes zu schreiben und die Veränderung, die damit zwangsläufig eintritt.
Das sind viele Fragen für einen kleinen Brief. Schließlich hat mich die Muse doch geküsst - denn, wieso nicht genau das Thema zum Thema des 1. Briefes zu schreiben. Eine Flaschenpost an unbekannte Menschen da draußen. Einfach einen freundlichen Gruß hinaus zu senden und zu warten. Abzuwarten, ob ihn jemand bekommt. Ob sich jemand zurück meldet.
Es sind fundamentale Fragen, die mich hier beschäftigen, denn natürlich habe ich Angst, dass jemand sagt, wie grauenvoll er findet, was ich geschrieben habe. Dass ich nicht zur Autorin tauge. Etwas, das ich selbst viele Jahre über mich gedacht habe. Und vielleicht der Grund, wieso ich nicht kreatives Schreiben studiert habe, sondern das geschriebene Wort selbst: Literaturwissenschaft.
Ich bin irre gut darin geschult zu sagen, ob ein Text zu etwas taugt. Habe ich Angst vor meinem eigenen inneren Kritiker. Hell, yes!
Ich bin Perfektionistin. Und ich halte das für eine meiner größten Stärken. Nicht nur in meinem Beruf kann ich mich darauf verlassen, dass meine 80% immernoch 120% von den meisten anderen Kollegen sind. Was nicht heißt, dass ich mich entspanne. Absolut nicht. Denn auch ist meine Arbeitsmoral anders als die der meisten Kollegen. Ich arbeite hier schließlich für mich. Auch, wenn jemand anders meinen "Gehaltsscheck" unterschreibt. Die Erfahrungen, die ich mache, die Lehren, die ich ziehe gehören allein mir. Ich bin mutiger während ich für andere arbeite. Rücksichtsloser auch, direkter, furchtloser.
Wenn es um meine eigene Sache geht, bin ich erstaunlicherweise ein ziemlicher Angsthase. Was ich generell im Leben bin. Ich bin aber auch gut darin, dieses Problem zu ignorieren. Denn jedes Mal, wenn ich mich ein bisschen weiter geschubst habe, war das den Mut wert. Meine Mutter nennt dies "Angst vor der eigenen Courage haben". ich mag diesen Satz. Es beweist immerhin, dass man sich überhaupt darauf getraut hat. Und sind es nicht oft genau wir selbst, vor denen wir Angst haben sollten. In uns selbst leben die härtesten Kritiker, die schärfsten Zungen.
Und deswegen schicke ich den ersten Brief heute trotzdem ab - trotz der Angst vor mir selbst, oder gerade deswegen: weil da draußen auch ein freundliches Publikum wartet.
Und doch ist es nicht das Publikum für das ich schreibe. Ich schreibe für mich selbst udn springe über meinen eigenen Schatten. Um endlich anzufangen, um mir selbst zu beweisen, dass ich nicht nur richtig gut darin bin, andere zu bewerten. Sondern, weil ich es liebe, selbst zu schreiben. Mit Worten zu spielen. (Andere zu korrigieren.)