Buch-Rezension: Solve for Happy – Kann man Glück wirklich lernen?

Buch-Rezension: Solve for Happy – Kann man Glück wirklich lernen?

 

Es gibt Bücher, bei denen man schon nach ein paar Seiten merkt: Das wird kein leichtes Durchblättern, kein kurzer Gedankenaustausch. Das hier bleibt. „Solve for Happy“ von Mo Gawdat ist so ein Buch. Ich habe Mo im Interview mit Steven Bartlett (dessen Podcast ich großartig finde, acuh, wenn seine Attitude mich etwas nervt - die Gäste sind jedenfalls immer sehr, sehr spannend!) gehört und musste das Buch sofort haben. Hier waren schon im Interview einige Punkte angesprochen, die mich komplett umgehauen haben.

Die Geschichte hinter dem Buch ist genau das: tragisch, ehrlich, und trotzdem zutiefst menschlich.

Wer ist Mo Gawdat – und warum sollte man ihm zuhören?

Mo Gawdat war lange Jahre Manager bei Google – ein analytischer, extrem erfolgreicher Mensch, jemand, der Dinge gern durchrechnet und auf den Punkt bringt. Er hatte alles, was viele mit einem „guten Leben“ verbinden. Aber glücklich war er nicht.

Und dann passierte etwas, das sein Leben völlig verändert hat: Sein 21-jähriger Sohn Ali starb völlig unerwartet bei einem Routineeingriff.
In seiner Trauer hat Gawdat begonnen, all seine Überzeugungen, Denkweisen und Muster infrage zu stellen. Und genau daraus entstand dieses Buch – kein typischer Ratgeber, sondern ein sehr persönlicher Versuch, das Glück zu verstehen. Und es trotz allem nicht zu verlieren.

Worum geht’s in „Solve for Happy“?

Der Grundgedanke ist überraschend einfach – und gerade deshalb so kraftvoll:
Wir sind dann unglücklich, wenn die Realität nicht unseren Erwartungen entspricht. Nicht, weil das Leben objektiv schlecht ist, sondern weil wir es anders haben wollen, als es gerade ist.

Gawdat geht mit diesem Gedanken nicht philosophisch-abgehoben um, sondern ganz praktisch. Er entwickelt ein Modell für Glück, das sich nicht auf äußere Umstände verlässt, sondern auf innere Klarheit.
Es ist kein Konzept aus der Selbsthilfe-Ecke, sondern ein sehr klarer Blick auf das, was in uns passiert – und wie wir darauf reagieren.

Sein Ziel ist nicht, das Leben schönzureden, sondern die Mechanismen zu verstehen, die uns davon abhalten, es anzunehmen.

Was im Buch besonders hängen bleibt

Es gibt viele starke Gedanken in „Solve for Happy“, aber ein paar davon haben sich bei mir besonders festgesetzt:

  • Gedanken sind keine Wahrheiten. Sie sind nur Vorschläge.

  • Der innere Kritiker ist laut, aber nicht automatisch klug.

  • Wir leiden oft nicht an der Situation selbst, sondern an der Geschichte, die wir uns darüber erzählen.

  • Kontrolle ist eine Illusion – aber Akzeptanz ist eine Entscheidung.

  • Glück ist kein Zustand, den man erreicht. Es ist eine Praxis. Jeden Tag neu.

Das Buch erinnert einen immer wieder daran, wie sehr wir versuchen, alles zu kontrollieren, um uns sicher zu fühlen. Und wie sehr genau das uns unglücklich macht, weil das Leben sich nicht planen lässt.

Was ich persönlich mitgenommen habe

Was mich an diesem Buch wirklich berührt hat, ist die Haltung dahinter.
Da schreibt kein Coach, der dir zehn Schritte zum besseren Ich verspricht. Da schreibt ein Vater, der das Schlimmste erlebt hat – und trotzdem nicht bereit ist, dem Leben die Tür zuzuschlagen.

Ich habe oft innegehalten beim Lesen. Nicht, weil ich allem sofort zustimmen konnte, sondern weil vieles in mir gearbeitet hat. Gawdat schreibt ruhig, klar, fast sachlich – aber zwischen den Zeilen spürt man: Das hier ist gelebte Erkenntnis.

Gerade als jemand, der kreativ arbeitet, hat mich der Gedanke beruhigt, dass Glück nicht immer groß oder laut sein muss. Dass es in der Stille liegt, in der Klarheit. Und dass ich lernen kann, den Moment so zu lassen, wie er ist – ohne ihn verbessern zu müssen.

Für wen ist dieses Buch (nicht)?

Ich glaube, „Solve for Happy“ ist nichts für Menschen, die schnelle Lösungen suchen oder sich von einem Buch „retten“ lassen wollen.
Aber es ist ein Buch für alle, die bereit sind, ehrlich mit sich zu werden. Die sich fragen, warum sie trotz eines vollen Lebens oft innerlich leer sind. Oder warum sie sich selbst im Weg stehen, obwohl sie doch „alles richtig“ machen.

Es ist auch ein gutes Buch für Menschen, die sehr im Kopf sind – die viel nachdenken, viel analysieren. Weil es genau dort ansetzt, aber eben weitergeht.

Fazit: Kein Rezept, aber eine echte Einladung

„Solve for Happy“ hat mir nichts Neues „verkauft“. Es hat mir aber geholfen, alte Gedanken zu sortieren und neue Perspektiven zuzulassen. Es ist kein Rezeptbuch für Glück. Eher eine Einladung, sich ehrlich zu fragen: Was glaube ich über das Leben – und hilft mir das eigentlich?

Ich glaube nicht, dass es ein Buch ist, das man einmal liest und dann zur Seite legt. Es ist eher eines, das man immer wieder aufschlägt – an stillen Tagen, an schwierigen, oder einfach, wenn man wieder ein bisschen Klarheit braucht.

Und vielleicht ist genau das schon eine Definition von Glück: Klar sehen, ohne alles verstehen zu müssen.

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